Lade Veranstaltungen
Interview mit Elke Pelz-Thaller

Miteinander

Interview mit Elke Pelz-Thaller

am 13. November veranstalten wir Landfrauen in Kooperation mit den Ländlichen Gilden im Saal Concordia in Hünningen bei Büllingen ein humorvollen Fachvortrag in Form eines Seminarkabaretts, d.h. konkret: man lernt viel und lacht auch viel … 😊

Elke Pelz-Thaller ist vor x Jahren als Norddeutsche nach Bayern in einen Bauernhof eingeheiratet, Erwartungsvorstellungen und Sprache haben Konflikte vorprogrammiert – aber sie ist immer noch da… Im Sommer ist sie engagierte Landwirtin, im Winter aktiv im Fachvortäge und Seminaren aber auch mit vielen Impulsen und Vorträgen unterwegs, um die regionale Landwirtschaft zu unterstützen. Ihr Programm wird zweieinhalb Stunden dauern und querbeet durch aktuelle Themen gehen, immer wieder lösungsorientiert und humorvoll.

Vier Damen unseres Verwaltungsrates haben sie in Bitburg bei den Landfrauen live erlebt und strahlen nach 6 Jahren immer noch, wenn sie an den Nachmittag denken. Wir haben unsere Planung 2 mal durch Corona verschieben müssen, sind nun im dritten Anlauf zuversichtlich, dass uns nichts dazwischenkommen wird.

1. Was ist Ihnen im Moment besonders wichtig?

Je nach Geschehnissen im Alltag, kann das durchaus mal wechseln. Wenn mein Hund krank ist, ist mir natürlich wichtig, dass er schnell gesund wird. Ist eine Mutterkuh kurz vor dem Kalben, ist mein Fokus selbstverständlich auf die unkomplizierte Geburt gerichtet. Hat mein Sohn ein Vorstellungsgespräch, so denke ich die ganze Zeit daran und drücke die Daumen. Ist Erntezeit, so hoffe ich auf gutes Wetter. Unterm Strich allerdings, haben mich meine drei Almsommer, die ich alleine, ohne Handynetz, ohne Strom, ohne fließend warm Wasser, ohne Radio erleben durfte, Wesentliches gelehrt. Ich fragte mich oft: Was vermisse ich hier oben wirklich, was ist wirklich wichtig in meinem Leben?
Nach drei Mal drei Monaten in dieser Umgebung, nur mit den Rindern, in den Bergen, in dieser Stille, dem Wetter, egal wie es war, hat sich bei mir ein sehr tiefer Kompass, als Essenz herausgestellt. Was mir wirklich wichtig ist, kann man mit Geld nicht kaufen. Es klingt, wie ein oberflächlicher Kalenderspruch. Aber seither hat sich diese Erfahrung tief in mein Denken und Fühlen eingebrannt und dient mir bis heute täglich als Wegweiser. Ich habe echten Schmerz verspürt, dass meine Familie, mein Mann, meine Söhne, ihre Freundinnen, ja sogar meine Schwiegermutter nicht an meiner Seite waren. Ich habe meinen Gemüsegarten vermisst, meine Tiere, meine Heimatgemeinde – kurz – meine Menschen. Und ich war jeden Tag dankbar, wenn ich gesund aufstehen konnte, um meinen Aufgaben nachgehen konnte. Alles Gut und Geld, aller Luxus, alles „haben müssen“, waren soooooo unwichtig dort droben, alle negativen Nachrichten in Dauerschleife bekam ich nicht mit, all meine „Aufreger“ wurden immer kleiner, bis sie ganz verschwanden. Die Konzentration auf das Hier und Jetzt, gewann an Bedeutung und die Erkenntnis, alles, was da oftmals auf uns zukommt, anzunehmen und das Beste daraus zu machen. Ja, ich denke, das ist für mich im Konvolut das Wichtigste.

2. Welche gesellschaftspolitischen und/oder landwirtschaftlichen Herausforderungen sehen Sie für die nahe Zukunft?

Ich könnte darüber fast einen Roman schreiben, wenn ich all das anführen dürfte, was ich darüber denke. Ich versuche mich kurz zu fassen. Gesellschaftlich stehen wir meines Erachtens, vor großen Herausforderungen. Wir haben verlernt, mit anderen Meinungen konstruktiv umzugehen. Wir haben ein Stück weit das verlernt, was man Konfliktfähigkeit nennt und somit polarisiert sich eine Gesellschaft immer mehr. Es ist einfacher, den ganzen Menschen abzulehnen, als zu ergründen, woher und warum er diese, seine Meinung denn nun hat. Wir haben die Fähigkeit, des Diskurses, der auch gern mal hart geführt werden darf, ohne den ganzen Menschen infrage zu stellen, im schnelllebigen Zeitalter von Sozial Media nicht mehr auf dem Schirm. Was wir allerdings dabei vergessen, ist, dass sich auch die Fähigkeit zur Empathie verringert, je mehr man über Bildschirme kommuniziert. Corona und seine Maßnahmen, haben diese ausschließlichen Bildschirmkontakte noch verstärkt und viele Menschen kommunizieren mehr über diese Plattformen, als im direkten Viś a viś. Hier geht Vieles verloren, was eine Gesellschaft zusammenhält. Wahre Begegnung, der Aufenthalt in der Natur, die Fähigkeit, Zusammenhänge zu erkennen und nicht nur mit Tunnelvision, durchs digitale Leben zu ziehen. Weitblick ist nur möglich, wenn ich weit blicken kann, der Bildschirm ist für derlei, zu nah vor den Augen.
Landwirtschaftlich stehen wir vor vielen Herausforderungen. Angefangen bei oftmals praxisuntauglichen Verordnungen, der immer höheren Erwartungshaltung der Konsumenten an die Produktionsform, die aber wenn möglich nicht teurer sein darf, als das weniger gute Produkt aus dem fernen Ausland. Hinzu kommt der Kampf um die Flächen. Und unterm Strich sollen wir die Menschheit ernähren, die mit immer weniger Fläche und immer höheren Auflagen, von Tag zu Tag wächst. Ich sage oft, der Landwirt möge sich doch zur „Eierlegendenwollmilchsau“ transformieren und dann kommt jemand, der sich daran stört, dass in diesem Wort kein „Rind“ genannt wird, und diese auch noch davon leben möchte.
Kurzum, wir werden in naher Zukunft nicht alle Herausforderungen stemmen können, wohl aber lernen müssen, in einigen Bereichen neu und kreativ zu denken und zu handeln. Der Mensch ist nach wie vor Mensch und gerade der ländliche Raum ist Hoffnungsraum der Zukunft, gerade weil er die Ressourcen hat, nach denen sich die Menschen immer mehr sehnen. Je digitaler eine Gesellschaft wird, desto größer werden die Sehnsüchte, nach dem Landleben. Daraus gilt es, etwas zu machen. Die Österreicher mach uns dies schon sehr gut vor.

3. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Wie schaffen Sie es, klugen Humor, der niemanden verletzt, in Ihren Alltag (oder in Ihre Kommunikation) zu integrieren?

Wer die „Anatomie der bewussten Verletzung anderer“ kennt, der weiß, dass dieser Mensch, der das nötig hat, mit sich selbst, die brutalsten Kriege führt. Da er sich aber dies nicht bewusst macht, und er sich selbst ja schützen muss, projiziert er diese eigene „Kleinheit“ auf andere. Er macht andere klein, um sich selbst größer zu fühlen.
Zudem weiß ich auch, dass der Humor und das daraus resultierende Endorphinbad, unglaublich gesund sind, für meinen Organismus – ich tu mir selbst etwas Gutes, wenn ich viel lache und mich selbst nicht ganz so wichtig nehme, als könnte ich alles steuern und verändern, was in dieser Welt geschieht. Gerade weil diese Welt soviel Unheil in sich trägt, gerade weil wir oft Grund genug haben, auch mal zu weinen, ist die bewusste Entscheidung für den Humor und für das Lachen so wichtig. Und hier schließt sich der Kreis. Wenn wir verstanden haben, worauf es im Leben wirklich ankommt und wir uns bewusst machen, dass wir durchaus in unserem direkten Umfeld Handlungsspielräume haben, dann macht es einfach nur glücklich, wenn wir gemeinsam lachen, gemeinsam streiten, gemeinsam auch mal durch unwegsames Gelände gehen dürfen und uns gegenseitig zu unterstützen. Hier einen kleinen Teil beitragen zu dürfen, lässt mich in diesem Augenblick schon wieder lächeln und ja – es fühlt sich gut an.

 

 

Zur Anmeldung geht es hier:

 

Seminarkabarett – „Eingeheiratet”

Details

Datum:

24.10.2024

Zeit:
19:30 - 22:00

Veranstalter

Landfrauenverband Ostbelgien VoG
Telefon:

+32 (0)483 67 19 98

E-Mail:

info@lfv.be

Veranstaltungsort

Saal Concordia in Hünningen

Hünningen 80
Hünningen/Büllingen, 4780

← Alle Veranstaltungen