
Zweitagesfahrt nach Bingen
Auf den Spuren der Hildegard von Bingen
Bingen/Rüdesheim: Ein junges Mädchen, geboren 1098, adeliger Abstammung wurde in ihrem achten Lebensjahr zur religiösen Erziehung von ihren Eltern in die Obhut einer Klostergemeinschaft gegeben. Aus der eifrigen Schülerin erwächst eine Frau, die ein auf Gott ausgerichtetes Leben mit einem faszinierenden Wirkungsfeld führt. Diese Frau ist Hildegard von Bingen. Sie war Äbtissin, Ratgeberin und Mahnerin, Visionärin, Theologin, Komponistin und Heilerin. Sie war eine Prophetin und bezeichnete sich selbst als eine Posaune, die tönt, weil ein anderer in sie hineinbläst.
Spurensuche
Die Kooperationsgruppe des Landfrauenverbandes, der Ländlichen Gilden und des Vikariates Ostbelgien organisierte am 23. Und 24. Oktober eine Pilger- und Studienfahrt. Eine 42 Personen starke Pilgergruppe aus Ostbelgien war in Bingen und Rüdesheim unterwegs auf den Spuren der Hildegard von Bingen, die 2012 von Papst Benedikt XVI als erste Frau Mitteleuropas in den Rang einer Kirchenlehrerin erhoben wurde. Zwei kompetente Reiseleiterinnen begleiteten die Pilgergruppe.
Eine erste Spur führte ins Museum am Strom, in dem eine Dauer- und Sonderausstellung zu Hildegard von Bingen eingerichtet ist. Die geführte Besichtigung vermittelte eine vielfältige Begegnung mit einer der bedeutendsten Frauengestalten der Welt- und Kirchengeschichte. Wertvolle Objekte, Schriften, Bilder und Modelle zeigen ein authentisches Bild der Äbtissin, Prophetin, Politikerin und Naturkundlerin vom Bingener Kloster Rupertsberg.
Eine weitere Etappe führte zum Hildegard-Forum auf dem Rochusberg. Das Hildegard-Forum wird als Integrationsbetrieb vom Orden der Kreuzschwestern geführt. Es ist ein Ort, der sich der Vermittlung der Botschaft der Hildegard von Bingen verpflichtet.
Eine Sehenswürdigkeit auf dem Rochusberg ist der nach mittelalterlichem Vorbild entstandene Heilkräutergarten. In ihrem Buch „Physica“ beschreibt Hildegard von Bingen die Wirkung der ca. 80 Kräuter-Heilpflanzen und Bäume. Sie schreibt, dass die Heilpflanzen nicht aus sich selbst wirken, sondern auf ihren Schöpfer hinweisen und dem Menschen gnadenhaft zum Heil geschenkt sind.
Die Rochuskapelle, die hoch oben auf dem Rochusberg thront und weithin sichtbar ist, war auch eine Besichtigung wert. Die Kapelle hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Sie wurde mehrmals zerstört und wieder aufgebaut. Jährlich pilgern tausende Menschen am Gedenktag des hl. Rochus im August zur Rochuskapelle. Dieser Pilgergang geht auf ein Gelübde der Stadt Bingen zurück, als diese – wie auch ein Großteil Europas – von der Pest heimgesucht wurde.
Am 2. Tag stand der Besuch der Wallfahrtskirche St. Hildegard und St. Johannes der Täufer in Eibingen, einem Ortsteil von Rüdesheim, an. Diese Kirche wurde auf den Überresten der ehemaligen Klosterkirche der Hl. Hildegard errichtet. Seit 1641 befinden sich hier die Reliquien der Hildegard von Bingen.
Aufschlussreich war ebenfalls die Führung in der 1904 gegründeten Abtei St. Hildegard in Eibingen. 12 Benediktinerinnen bezogen damals die Abtei und bildeten eine Klostergemeinschaft, die mit der Zeit angewachsen ist und bis heute Bestand hat. Seit 2002 ist die Abtei Teil des UNESCO-Weltkulturerbes Oberes Mittelrheintal.
Im Nachmittag fand eine Begegnung mit der aus Kroatien stammenden Schwester Maria-Magdalena statt. Im Gespräch mit ihr erhielt die ostbelgische Gruppe einen Einblick in das Klosterleben der noch im Kloster lebenden 36 Benediktinerinnen. Anhand der Leitung des 7,5 ha großen Weingutes, des Klosterladens und des Gästehauses bestreitet die Ordensgemeinschaft ihren Lebensunterhalt.
Voller faszinierender Eindrücke vom Unterwegs-Sein auf den Spuren der Hl. Hildegard von Bingen, aber auch vom Erleben der Rheinlandschaft am Zusammenfluss von Nahe und Rhein traten die Teilnehmer/innen die Rückfahrt nach Ostbelgien an. (Arthur Jodocy)